Das Potenzial der E-Zigarette für die Raucherentwöhnung wird in Deutschland stark unterschätzt.
Die Wissenschaftler fordern..: Die Politiker sollten sich das Potenzial ansehen und die Forschung besser unterstützen.
Der gesundheitliche Nutzen der E-Zigarette für Raucherinnen und Raucher zur Raucherentwöhnung wird in der deutschen Öffentlichkeit und selbst von Experten noch immer massiv unterschätzt. So lautete das Fazit der Referenten des Online-Symposiums "Zwischenbilanz E-Zigarette: Was wir wissen, müssen wir wissen" am 27.05.2020. Prof. Dr. Heino Stöver, Initiator des Symposiums und Direktor des Instituts für Suchtforschung an der Universität Frankfurt, fasst zusammen: "Die Politik in Deutschland muss den nächsten Schritt gehen und das Potenzial der E-Zigarette für die Raucherentwöhnung berücksichtigen. Dafür brauchen die Forscher mehr Geld. Wir müssen die Aufklärungsarbeit für Raucher, aber auch für Ärzte und Apotheker unmittelbar intensivieren. Das Kernproblem des klassischen Zigarettenrauchens ist nicht das Nikotin. Dabei handelt es sich um die bei der Verbrennung entstehenden krebserregenden Stoffe. Es besteht ein wissenschaftlicher Konsens darüber, dass Raucher ihren Schadstoffkonsum um bis zu 95 Prozent reduzieren können, wenn sie auf E-Zigaretten umsteigen. Die Möglichkeiten, die die E-Zigarette für die Raucherentwöhnung bietet, müssen auch die künftige Gesundheitspolitik bestimmen".
Wer das hochkarätige Symposium, das von mehr als 800 Personen im Internet verfolgt wurde, besuchte: "Die Referenten haben den aktuellen Forschungsstand zur E-Zigarette differenziert dargestellt und die Chancen der Raucherentwöhnung in unterschiedlichen Kontexten deutlich gemacht.
Die wichtigsten Aussagen und Erkenntnisse auf einen Blick
Dr. med. Thomas Hering, Facharzt für Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin mit Schwerpunkt Raucherentwöhnung, bezeichnete es als einen weit verbreiteten schweren Irrglauben, dass E-Zigaretten genauso schädlich seien wie Tabakzigaretten. Er berichtete, dass E-Zigaretten als Ersatz für die Raucherentwöhnung viel stärker akzeptiert werden als beispielsweise nikotinhaltige Kaugummis.
Prof. Dr. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie am Städtischen Klinikum Karlsruhe, stellte klar, dass Nikotin selbst keine Krankheiten wie Arteriosklerose fördert. Die schädliche Wirkung wird durch Tabakrauch verursacht. Die Erfahrungen in Schweden und Norwegen haben gezeigt, dass die Zahl der Raucher in der Bevölkerung durch die Verwendung von Ersatzprodukten wie Snus erheblich reduziert werden kann. Storck sagte, dass Langzeitdaten zu E-Zigaretten und Tabakerhitzern noch ausstehen. Er forderte eine differenzierte Risikokommunikation für Raucher, die ausdrücklich das Potenzial von E-Zigaretten für die Raucherentwöhnung berücksichtigt.
Ute Mons, Epidemiologin und Gesundheitswissenschaftlerin am Deutschen Krebsforschungszentrum, sagte: "Bei richtigem Gebrauch haben E-Zigaretten nur einen Bruchteil des Krebsrisikos von Tabakzigaretten". Zumindest ein Wechsel ist also zu begrüßen. Alle Studien, die ihr bekannt sind, haben eindeutig gezeigt, dass E-Zigaretten bei der Raucherentwöhnung helfen können. Natürlich ist eine vollständige Abstinenz wünschenswert, aber in der Praxis oft unrealistisch. Auf jeden Fall riet sie vom so genannten Doppelkonsum ab, also dem Rauchen von Verbrennungs- und E-Zigaretten. Es sei nach wie vor erstaunlich, so Mons weiter, dass eine ausgewogene und differenzierte Risikokommunikation die Raucher in Deutschland nicht erreiche. Gleichzeitig kritisierte sie, dass der Forschungsansatz zur Risikominimierung politisch noch nicht ausreichend unterstützt wird. Forschungsanträge seien abgelehnt worden, und im Vereinigten Königreich seien die Diskussion und die objektive, nüchterne Bewertung des Potenzials von E-Zigaretten für die Raucherentwöhnung schon viel weiter fortgeschritten.
Daniela Jamin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Suchtforschung der Universität Frankfurt und Mitautorin des E-Zigaretten-Leitfadens, fügte hinzu, dass der Irrglaube, E-Zigaretten seien gefährlicher als klassische Zigaretten, selbst unter Ärzten und Apothekern weit verbreitet sei. So kennen 69 Prozent der Ärzte und sogar 91 Prozent der Apotheker nicht einmal das Konzept der Risikominimierung und fühlen sich unzureichend über die E-Zigarette informiert. Es fehlt also im Moment einfach an Wissen. Darüber hinaus verwies Jamin auf die Chancen der E-Zigarette im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Sie forderte die Organisation von Gesundheitstagen und den Ausbau entsprechender Informationsangebote in Unternehmen.
Stöver kündigte das nächste Symposium zur E-Zigarette für den 15. Oktober 2020 an. "Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in konkrete politische Maßnahmen umgesetzt werden können.